Die deutsche Klebstoffindustrie bietet Berufseinsteigern breit gefächerte Berufsfelder mit Zukunft. Professor Klaus-Uwe Koch bildet die Chemie- und Klebstoffexperten von morgen aus. Im Interview verrät er, wie eine Idee zum Produkt wird, was Forschungsprojekte mit Autofahren zu tun haben und warum sich Chemieabsolventen keine Sorgen um ihre Zukunft machen müssen.

Wie sind Sie in die Klebstoffentwicklung gelangt?

Dazu gekommen bin ich wie die Jungfrau zum Kinde. Während meiner Promotion erhielt ich ein Jobangebot eines namhaften Klebstoffherstellers. Dieses habe ich jedoch abgelehnt, weil ich der Meinung war, dass bei Klebstoffen bereits alle Fragen gelöst seien. Ein Chemieunternehmen bot mir schließlich die Möglichkeit, mich mit Reaktionsharzen zu beschäftigen – dabei waren auch Klebstoffe, nur das bemerkte ich erst beim Arbeiten. Vor allen Dingen merkte ich, wie spannend und vielseitig das Thema war und ich habe mittlerweile meine anfängliche Meinung deutlich geändert. Dort bin ich dann die nächsten zehn Jahre „kleben“ geblieben – bis ich 1998 eine Professur an der Fachhochschule Gelsenkirchen (heute Westfälische Hochschule) annahm.

Was ist Ihr Forschungsgebiet?
Die Polymerchemie. Einfach gesagt, beschäftige ich mich mit der Synthese von Klebstoffrohstoffen und der Optimierung von Klebstoffformulierungen. Die Entwicklungszeit der Klebstoffe soll immer kürzer werden – daher beschäftige ich mich mit der Methodik, wie man schneller aussagekräftige Forschungsergebnisse bekommt.

Können Sie uns den Beruf eines Chemikers skizzieren?
Mit dem Klischee, das im Fernsehen gezeigt wird – Laborarbeit und dampfende Flüssigkeiten – hat der Beruf des Chemikers nichts gemein. Vielmehr kommt er dem eines Managers oder Trainers gleich. Ich als Professor und Universitäts-Chemiker muss beispielsweise Geld für Forschungen eintreiben, die Industrie vom Zukunftspotenzial einer Idee überzeugen, Forschungsprojekte strukturieren und nachregeln.
Einen festen Plan, so wie es sich Controller im Unternehmen wünschen, gibt es in der Klebstoffentwicklung nicht. Ich vergleiche das mit einer Autofahrt. Man kann nicht mit durchgehend 200 Sachen von A nach B rasen. Zwischendurch muss man auch mal abbremsen, einen Halt einlegen oder eine neue Route wählen.

Wie viel Zeit vergeht, bis Forschungsideen in marktfähige Produkte umgewandelt werden?
Es braucht auf jeden Fall einen langen Atem. Bis das fertige Produkt in den Verkauf geht, können auch mal mehrere Jahre ins Land gehen. Das hängt immer von der Komplexität des jeweiligen Klebstoffs ab. Es kann aber auch vorkommen, dass eine Idee nach intensiver Grundlagenforschung nie verwirklicht wird.

Ist das nicht enttäuschend?
Nein, keineswegs.
Die Natur gibt einem für jede Frage eine Antwort. Führt diese zu keinem Ergebnis, muss man sich eben eine neue Frage überlegen. Ich sehe das als Ansporn für weitere Forschung. Meine Schublade ist voll mit Ideen, die darauf warten, in die Tat umgesetzt zu werden.

Was ist Ihre größte „Errungenschaft“?
2006 haben Daniele Rutz – der damals seine Abschlussarbeit bei mir geschrieben hat – und ich einen Patentpreis für einen multifunktionalen Klebstoff- und Harzrohstoff für die Automobilindustrie erhalten. Dieser ist im Vergleich zu den bisher verwendeten transparent, sehr alterungsbeständig, stabil, extrem widerstandsfähig und zersplittert auch bei einer hohen Schlagbelastung nicht. Es handelt es sich bisher um eines der erfolgreichsten Patente einer deutschen Hochschule.

Wie groß ist die Nachfrage am Studiengang Chemie?
Die Nachfrage ist konstant und gleichbleibend hoch. Sowohl unsere Bachelor- als auch Masterstudiengänge sind ausgebucht – was vielleicht auch an den guten Zukunftsaussichten von Chemie-Absolventen liegt.

In welchen Bereichen können diese tätig werden?

Chemie bzw. Klebstoffe stecken überall im Alltag. Entsprechend breit gefächert sind die Berufsfelder für Absolventen. Sie werden händeringend gesucht – und zwar von nahezu allen Branchen. Ob Maschinenbau, Lebensmittelhandel oder Elektroindustrie, gut ausgebildete Chemiker können sich ihren Job und den Bereich quasi aussuchen.
Um ihnen den Einstieg in die Berufswelt zu erleichtern, schreiben unsere Bachelorabsolventen ihre Abschlussarbeit im Unternehmen. Anschließend werden sie oft direkt übernommen.

Welche Bedeutung messen Sie der Nachwuchsförderung bei?
Nachwuchsförderung halte ich für äußerst wichtig. Wollen Unternehmen Fachkräfte ansprechen und gewinnen, müssen sie über den Werkzaun hinausblicken. Schon Kindergartenkindern und Schülern sollte frühzeitig die Möglichkeit gegeben werden, hinter die Kulissen zu blicken und sich ein Bild vom Beruf des Chemikers zu machen. So kann mit Klischees vom TV aufgeräumt und die Begeisterung für Naturwissenschaften geweckt werden.

Zur Person:
Prof. Dr. Klaus-Uwe Koch (57) ist Chemieprofessor und Klebstoffexperte an der Westfälischen Hochschule. Er befasst sich insbesondere mit der Chemie von Klebstoffen

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