Anwendungs­gebiete der Klebtechnik

Die Klebtechnik gilt heute als die innovative Verbindungstechnologie des 21. Jahrhunderts und die Unternehmen der deutschen Klebstoffindustrie – auch im internationalen Wettbewerbsumfeld – als Technologieführer. Von der Klebtechnik werden wesentliche Beiträge zur Entwicklung innovativer Produkte geleistet und sie bietet der Industrie branchenübergreifend in allen Bereichen die Voraussetzung für die Erschließung neuer, zukunftsorientierter Märkte.
Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrtausends arbeiteten in einem öffentlich geförderten Forschungsprojekt erstmals Polymerchemiker aus der Klebstoffindustrie zusammen mit Ingenieuren aus der Automobilindustrie, um erfolgreich ein Verfahren für das Kleben von geölten Blechen in der Automobilfertigung zu entwickeln und prozesssicher einzuführen.

Dieses erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenspiel von Chemie und Ingenieurswissenschaften initiierte weitere Projekte, systematische Forschung und Entwicklung. Als Anfang der 90er Jahre ein akkreditiertes Personalqualifizierungssystem für Klebstoffverarbeiter und -hersteller eingeführt wurde, waren alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen, die Klebstoffindustrie als innovativen Systempartner auf die Erfolgsspur zu setzen.

Auch kleinen und mittelständischen Unternehmen wird durch Einsatz der Klebtechnik die Möglichkeit gegeben, sich ihrem Wettbewerb durch Schaffung innovativer Produkte zu stellen.

Um die Vorteile der Klebtechnik im Vergleich zu anderen Fügeverfahren erfolgreich nutzen zu können, muss der gesamte Prozess von der Produktplanung über die Qualitätssicherung bis hin zur Mitarbeiterqualifizierung sachgerecht umgesetzt werden. Dies lässt sich allerdings nur erreichen, wenn Forschung und Industrie eng zusammenarbeiten, so dass die Forschungsergebnisse zügig und unmittelbar in die Entwicklung innovativer Produkte und Produktionsprozesse einfließen können.

Der Industrieverband Klebstoffe e.V. hat es sich u.a. zur Aufgabe gemacht, diese Entwicklung zu fördern, um so den Einsatz der Klebtechnik in allen Bereichen zu verstärken. Als Mitglied des Vorstands der DECHEMA-Fachgruppe “Klebtechnik” und des “GAK” (Gemeinschaftsausschuss Kleben) begleitet der Industrieverband Klebstoffe die Koordinierung öffentlich geförderter Forschungsprojekte im Bereich Klebtechnik.

Das Potenzial der Klebstoffindustrie ist weder technologisch noch marktmäßig auch nur annähernd ausgeschöpft. Für die Zukunft sind deutliche Wachstumsopportunitäten zu erkennen – sei es in Richtung wiederlösbare Klebbindungen oder die Übernahme von Funktionen durch Klebstoffe, die bisher von anderen Materialien übernommen wurden.

Das Anwendungsspektrum für Klebstoffe im Bereich Papier- und Verpackung reicht von aromadichten Verpackungen über selbstklebende Briefumschläge bis hin zu manipulationssicheren Medikamentenschachteln, und ebenso breit gefächert ist die Palette unterschiedlicher Klebstoffarten, die in diesem Bereich ihren Einsatz finden.

Die moderne Form von Vertrieb, Selbstbedienung, Fertiggerichten und Tiefkühlkost wäre ohne Klebstoffe zur Herstellung von undurchlässigen Verpackungsmaterialien wie Verbundfolien oder zum hermetischen Verschluss von Verpackungen (z.B. Kaffeeverpackungen) undenkbar. Verbundfolien werden mit kleinsten Mengen von Kaschierklebstoff (ca. 1 g/m²) bei Geschwindigkeiten von bis zu 300 m/min hergestellt. Tief- und hochtemperaturbeständige Klebstoffe ermöglichen die Herstellung von Tiefkühl- und Mikrowellenverpackungen. Dabei versteht es sich von selbst, dass Klebstoffe zur Herstellung von Lebensmittelverpackungen den strengen Vorschriften des Lebensmittelgesetzes genügen.

Zur Herstellung von Etiketten hält die Klebstoffindustrie eine breite Palette unterschiedlicher Klebstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaftsprofilen bereit. Dieses Spektrum reicht von “leicht ablösbar” zur Produktion von Haft-Merkzetteln bis hin zu “bombenfest”, beispielsweise zur Herstellung von TÜV-Plaketten. Flaschenetiketten werden heute mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80.000 Flaschen pro Stunde aufgeklebt. Die dafür verwendeten Kaseinklebstoffe sind eiswasserbeständig, damit sich die Etiketten bei der Kühlung von Wein-, Sekt- oder Champagnerflaschen nicht ablösen – gleichzeitig aber auch recyclinggerecht, damit Etiketten für Mehrwegflaschen in Reinigungsanlagen leicht und wenig umweltbelastend abgelöst werden können.

Ohne ein Bindemittel wie Klebstoff wäre die Herstellung von Papier und damit die Produktion von Zeitungen und das Binden von Büchern, Katalogen etc. nicht möglich. Briefmarken würden ohne Klebstoffe ebenso wenig haften wie der Verschluss von Briefumschlägen. Klebstoffe dienen somit der Dokumentation und der Weitergabe von Informationen. Dies gilt für den traditionellen Weg (Papier und Tinte) ebenso wie für die moderne Dokumentation und Kommunikation mittels elektronischer Medien – quasi vom Papyrus bis zum PC.

Kleben im Baubereich

Tapeten, Bodenbeläge oder Isolierglasfenster gehören heute zu den selbstverständlichen Annehmlichkeiten unseres täglichen Lebens, die nur durch den Einsatz von Kleb- und Dichtstoffen möglich gemacht werden. Unterschiedliche Bodenbeläge wie z.B. Linoleum, Gummi- und Textilbeläge sowie Fliesen und Parkett haben nicht nur ihre spezifischen Eigenschaften, sondern ebenfalls spezielle Anwendungsbereiche mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Klebstoffe zur Verlegung dieser Materialien müssen daher auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten sein.

Tapeten werden in der Regel mit Klebstoffen auf der Basis von Celluloseethern geklebt; für schwerere Tapetenqualitäten bietet die Klebstoffindustrie stärker belastbare Spezialklebstoffe an.

In Gewerbeobjekten, öffentlichen Bauten und speziellen Einrichtungen werden an die Klebstoffe jedoch deutlich höhere Anforderungen gestellt. So werden zum Beispiel Gummibeläge in Flughäfen und Bahnhöfen maschinell nass gereinigt, so dass der Klebstoff nicht nur die immensen Kräfte der Rotationsbürsten der Reinigungsmaschinen auszuhalten hat, sondern er muss ebenfalls dem in die Klebefuge eindringenden Wasser widerstehen. Insbesondere im OP-Bereich von Krankenhäusern oder in Räumen mit EDV-Anlagen ist die elektrische Leitfähigkeit von Belag und Klebstoff eine unbedingte Voraussetzung. In Laboratorien muss der eingesetzte Klebstoff für keramische Beläge chemikalienbeständig sein.

Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe

Neben der mechanischen Beanspruchung, die ein Klebstoff zu bestehen hat, fordern kritische Verbraucher mit Recht verläßliche Aussagen über Raumluftbelastungen. Verlangt werden Baustoffe, die keine flüchtigen, organischen Stoffe (Emissionen) an die Raumluft abgeben und nicht zu Gerüchen führen.

Führende Unternehmen der deutschen Klebstoffindustrie haben deshalb die Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e.V. (GEV) gegründet. Zweck dieser Initiative ist es, Planern, Verbrauchern und Fachhandwerkern firmenübergreifend und wettbewerbsneutral eine einfache und verlässliche Orientierungshilfe bei der Beurteilung und Auswahl von Verlegewerkstoffen unter Gesichtspunkten des Verbraucher-, Umwelt- und Arbeitsschutzes zu geben.

Das Produkt-Kennzeichnungssystem EMICODE

Verlegewerkstoffe, die mit dem GEV-Zeichen EMICODE EC1 PLUS als “sehr emissionsarm” gekennzeichnet sind, bieten größtmögliche Sicherheit vor Raumluftbelastung. Dem System EMICODE liegen eine exakt definierte Prüfkammeruntersuchung und strenge Einstufungskriterien zugrunde. Sie wurden vom Technischen Beirat der GEV mit fachlicher Unterstützung durch das Umweltinstitut Eurofins, das Teppich Forschungsinstitut (TFI) und die Gemeinschaft umweltfreundlicher Teppichboden (GuT) erarbeitet.

In regelmäßigen Fachtagungen informiert die Technische Kommission Bauklebstoffe über aktuelle Themen und Fragestellungen aus dem Bereich “Klebstoffe in der Fußbodentechnik”.

In der Automobilindustrie ist Kleben zu einer Schlüsseltechnologie geworden, die andere Fügetechnologien mehr und mehr ersetzt. 9 % der gesamten jährlichen Klebstoffproduktion entfallen auf die Fahrzeugbranche. Ein Auto enthält heute rd. 15 – 18 kg Klebstoff. Sowohl Motor- als auch Karosserieteile werden geklebt, und dies aus gutem Grund: geklebte Autos schneiden im Crashtest allgemein besser ab als geschweißte. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Ein Klebstoff verbindet, ohne die Fügeteile zu beeinträchtigen. Durch die Erwärmung durch das Schweißen werden die spezifischen Eigenschaften des Werkstoffes verändert und beim Nieten oder Schrauben werden Löcher gebohrt, die die Fügeteile verletzen und damit schwächen. Beim Kleben hingegen bleiben die Fügeteile unversehrt. Moderne Klebstoffsysteme sind somit zu einem Sicherheitsfaktor in der Automobilindustrie geworden. Auch direkt eingeklebte Front- und Heckscheiben erhöhen die Steifigkeit von Karosserien und erlauben die Konstruktion von Fahrzeugen, die mit niedrigen CW-Werten zu einer erheblichen Energieeinsparung beitragen.

Klebstoffe, z.B. auf der Basis von Polyurethan, halten die Karosserie eines Autos auch bei hohen Geschwindigkeiten und unebenen Straßen sicher zusammen. Selbst Motoren sind bei 5.000 Umdrehungen mit Klebstoff verlässlich verbunden. Da in Motoren extreme Temperaturen entstehen, wurden speziell wärmehärtende Klebstoffe entwickelt, womit z.B. Laufbuchsen in Dieselmotoren geklebt werden. Zur Befestigung von Innenverkleidungen an Autotüren benötigt man Klebstoffe, die unter Druck abbinden. Die Werkstücke können so in rationeller Arbeitsweise erst mit dem Klebstoff beschichtet und später zusammengefügt werden. Beim Pressen wird der Haftklebstoff fest und verbindet Kunststoff sicher mit Metall. Dies spart Zeit und Geld bei der Montage. Die Anwendung von 2-Komponenten-Klebstoffen erlaubt die Klebung von Bodenplatten aus Faserverbundstoff auf Aluminiumkarosserien. Dadurch werden gegenüber herkömmlichen Fügeverfahren 10 % Gewicht eingespart.

Kleben in der Elektronik

Die Verbindungstechnik Kleben gewinnt in der Elektronik ständig an Bedeutung. Der Trend zur Miniaturisierung von Modulen, Baugruppen und Endprodukten ist hierfür der entscheidende Grund. Klebstoffe sind ideal geeignet, verschiedenste Werkstoffe auf kleinstem Raum schnell, sicher, dauerhaft und kostengünstig miteinander zu verbinden. Aber nicht nur das Verbinden, sondern auch das Abdichten von z.B. Chips und Kontakten auf herkömmlichen und flexiblen Leiterplatten sind einzigartige Anwendungsbereiche von Klebstoffen. Die neuen, photoinitiierten Kleb-, Dicht- und Vergussmassen werden für den Chipverguss, in der Chip-on-board-Technologie, für Chip-Encapsulation sowie als Flip-Chip-Underfiller eingesetzt.

Photoinitiierte Klebstoffe?

Photoinitiierte Klebstoffe sind Massen, die durch Zufuhr von UV- oder sichtbarem Licht zur Aushärtung gelangen.

Photoinitiierte Klebstoffe weisen folgende vorteilhafte Eigenschaften auf:

Einkomponentig

  • einfache Applikation

Abgestufte Elastifizierung

  • Hart bis spannungsausgleichend

  • Klebung unterschiedlichster Materialien möglich

Lösungsmittelfrei

  • Geringe Umwelt- und Arbeitsplatzbelastung

Durchhärtung dicker Schichten (bis 5 mm)

  • Auch Vergussanwendungen sind realisierbar

Kurze Aushärtezeiten

  • Geringer Energieeinsatz

  • Minimale Bauteilerwärmung

  • Kurze Taktzeiten

Hohe Lagerstabilität

  • Gleichbleibende Produktqualität

  • Problemlose Disposition

Der Markt bietet unterschiedliche photoinitiierte Klebstoffsysteme an. Lichthärtende Acrylate und lichtaktivierbare Epoxidharze, die in ihrem Einsatz mit bemerkenswerten Vorteilen überzeugen:

  • sekundenschnelle Anfangsfestigkeit

  • sehr geringer Schrumpf

  • trockene Oberfläche

  • minimale Wasseraufnahme

  • hohe Temperaturbeständigkeit

Die neuen anwendungsspezifisch modifizierten photoinitiierten Kleb-, Dicht- und Vergussmaterialien decken die Anforderungen der Elektronik und Mikroelektronik optimal ab. Aufgrund einer eigenen Entwicklung und Produktion in Deutschland ist die Klebstoffindustrie in der Lage, exakt abgestimmte Klebstoffe zu entwickeln und herzustellen und unterstützt somit die rasant fortschreitende Entwicklung in der Elektronikfertigung.

Selbstklebebänder werden als Problemlösungskonzepte für die Industrie, für andere gewerbliche Abnehmer sowie für den privaten Bedarf hergestellt. Der Markt verfügt über eine Vielzahl modernster Klebetechnologien und bietet individuelle Problemlösungen für alle wichtigen Anwendungen mit Schwerpunkten in der Verpackungs-, Elektro-, Verkehrsmittel- und Papierindustrie.

Um auf die immer komplexeren Anwendungsgebiete für Klebebänder und Klebstoffe optimal eingehen zu können, arbeiten die Hersteller eng mit den Kunden zusammen. Aus diesem Dialog ergeben sich zusätzliche Impulse für die intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Naturwissenschaftler und Ingenieure der Sparte.

Je nach Einsatz der Klebebänder werden unterschiedliche Ansprüche an die wesentlichen Produkteigenschaften wie Klebkraft, Temperaturbeständigkeit, mechanische Belastbarkeit und Zugfestigkeit gestellt. Beispielsweise müssen Klebebänder zur Abdeckung bei industriellen Lackiervorgängen hohe Temperaturen aushalten und später wieder rückstandsfrei entfernt werden können. Bei Ummantelungen und Bündelungen kommt es jedoch auf hohe Festigkeit und geringe Dehnung an. Hohe sofortige Klebkraft ist dagegen beim Rollenwechsel in der Papierindustrie notwendig. Aus dem Anspruch, für jede Anwendung das jeweils beste Angebot zu entwickeln, entstand ein umfangreiches Programm von Klebesystemen. Außerhalb der industriellen Anwendungsbereiche finden diese Produkte vor allem in der Schule, im Haushalt, im Büro oder im Do-it-yourself-Sektor Anwendung.

Je nach Anwendungsbereich werden an Möbel, Fenster, Türen, Treppen, Deckenkonstruktionen etc. unterschiedliche Anforderungen gestellt. Möbel mit runden Kanten, geschwungenen Türen, eingelegten Intarsien können nur mit entsprechenden Klebstoffsystemen gefertigt werden. Insbesondere an Kanten entstehen Spannungen des Materials, auf die der verwendete Klebstoff abgestimmt werden muss. Die preisgünstige Massenfertigung von Möbeln ist ohne entsprechende Klebstoffe undenkbar.

Im Küchenbereich sind beschichtete Arbeitsplatten und Möbel in der Nähe von Herden bzw. Backöfen oft hohen Temperaturen ausgesetzt, denen auch die verbindenden Klebstoffe standhalten müssen. Fenster und Türen im Außenbereich sind Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen ausgesetzt. Im Bereich der Klebefugen können Temperaturen bis 60 °C auftreten, die der Klebstoff aushalten muss. Verleimte Dachbalken (Leimbinder) müssen dauerhaften statischen Belastungen standhalten. Erst nach einer extremen Belastungsprüfung (Dauer 10 Jahre) werden Klebstoffsysteme für diesen Anwendungsbereich amtlich zugelassen.

Polykondensations-, Dispersions- und Schmelzklebstoffe bieten Lösungen für diese unterschiedlichen Anforderungen:

Die Gruppe der Polykondensationsklebstoffe findet breite Anwendung bei der Herstellung von Span-, MDF- und Sperrholzplatten und ähnlichen Verbundwerkstoffen sowie in Bereichen des Holzleimbaus, insbesondere für tragende Holz-konstruktionen. UF-Harze werden heute auch verstärkt bei der Spanplattenveredelung für die Kaschierung mit Finish-Folien eingesetzt.

Dispersionsklebstoffe werden in großem Maße für die Oberflächenveredelung, Kaschierung im Kalt- oder Heißverfahren von Finish-Folien, Furnieren und HPL-Platten eingesetzt. Je nach Anwendung kommen hierbei PVAc-Dispersionen der unterschiedlichsten Beanspruchungsgruppen (D1 – D4) zum Einsatz. Der gesamte Bereich der Korpus-, Gestell- und Dübelverleimung ist ohne Dispersionsklebstoffe in der heutigen Form nicht denkbar.

Wässrige Polyurethandispersionen werden fast ausschließlich für die 3D-Ummantelung von MDF-Trägermaterialien mit thermoplastischen Folien für die Herstellung von Fronen mit anspruchsvollstem Design eingesetzt. Weitere Anwendungsgebiete, bei welchen Dispersionsklebstoffe die heutige Fertigungstechnik bestimmen, sind die Parkettherstellung, Stäbchen-verleimung, Keilzinkung, Brettfugenverleimung, Fensterkantelherstellung u.v.m. bis hin zu Montageklebungen.

Die Schmelzklebstoffe als weitere wichtige Klebstoffgruppe haben vor ca. 30 Jahren die Möbelproduktion “revolutioniert”. Ohne diese Produkte wäre eine Serienmöbelproduktion unter den heutigen Gesichtspunkten, wie Ökonomie, Ökologie, Rationalität usw. nicht denkbar.

Schmelzklebstoffe auf Basis Ethylenvinylacetat (EVA), Polyolefin und Polyurethan (PUR) spielen hierbei die dominierende Rolle. Im Bereich der Kantenveredelung, von der geraden Kante zum Softforming und Postforming bis hin zur Formteilveredelung, sind fast ausschließlich Schmelzklebstoffe im Einsatz. Ein weiterer großer Bereich, wo die Schmelzklebstofftechnologie die herausragende Rolle spielt, ist die Profil- und Paneelummantelung. Hierbei werden Profile aus Holzwerkstoffen, aber auch Kunststoff- und Metallträger, meist mit thermoplastischen Folien, beharzten Papierfolien und Furnieren veredelt. In untergeordnetem Maße werden Schmelzklebstoffe auch für Gehrungsverleimungen und Montageklebungen eingesetzt. Ein relativ neuer Anwendungsbereich ist die Fertigung von Parkettfußböden mit PUR-Schmelzklebstoffen.

In Haushalten, Werkstätten, Schulen, Kindergärten oder Büros gibt es grenzenlose Einsatzmöglichkeiten für Klebstoffe. Den Anwendern stehen Vielzweck-Klebstoff, Klebestifte, Papier- und Bastelklebstoffe, Kontaktklebstoffe, Sekundenkleber, Kunststoff- und Modellbauklebstoffe, Montageklebstoffe, 2-Komponenten-Klebstoffe und zahlreiche weitere Spezialprodukte zur Verfügung. Diese Klebstoffe, unter denen es viele Markenprodukte mit weltweiter Bekanntheit gibt, werden größtenteils in relativ kleinen Verpackungseinheiten wie beispielsweise Tuben oder Flaschen angeboten. Seit 1969 sind Klebestifte, die sich an den damals im Markt erfolgreich eingeführten Deo-Stiften orientierten, im Handel erhältlich.

Bei der Entwicklung neuer Produkte bilden wasserbasierte oder lösungsmittelfreie Klebstoffsysteme einen Schwerpunkt. Bastel- und Papierklebstoffe finden ihren Einsatz in Haushalt, Schule und Büro beim Kleben von Papier, Pappe, Karton, Fotos und Etiketten. Sie zeichnen sich durch einfaches, sauberes, schnelles und durch den Verzicht auf Lösungsmittel umweltfreundliches Kleben aus. Die Kontaktklebstoffe zeichnen sich durch besonders starke und sofort belastbare Verbindungen und hohe Temperaturbeständigkeit aus. Sie bilden eine der universellsten Klebstoffgruppen und eignen sich für die Klebung zahlreicher Materialien, wie beispielsweise Kunststoff, Holz, Gummi, Leder, Filz, Kork, Weichschaumstoff oder Metall. Für sichtbare Klebefugen oder Glasflächen werden transparente Produkte angeboten. In der Anwendung wird der Klebstoff auf beide der zu klebenden Oberflächen aufgetragen und erst nach Antrocknung der Klebstoffschichten werden die Teile aneinander gedrückt. Für die Festigkeit der Verbindung ist ausschließlich der Pressdruck entscheidend. Bei besonders schwierigen Materialkombinationen oder Verbindungen, die hohen Belastungen ausgesetzt sind, finden Sekundenklebstoffe ihren Einsatz. Den Namen verdanken diese auf Cyanacrylat basierenden Klebstoffe ihrer extrem kurzen Reaktionszeit. Sekundenklebstoffe eignen sich für alle Sofortreparaturen in Haushalt, Werkstatt, Kunstgewerbe oder Auto und kleben zahlreiche Materialien wie beispielsweise Porzellan, Keramik, Holz, Leder, Gummi, Kunststoff, Metall, Kork oder Pappe.

Die Holzklebstoffe eignen sich ideal für Montage-, Fugen- und Flächenverleimungen und für sämtliche Bastelarbeiten mit Holz und Holzwerkstoffen. Diese Klebstoffe werden auch schwierigen Anforderungen, wie beispielsweise Wasserbeständigkeit, Eignung für lackierte Oberflächen oder der Klebung schwerer Holz- und Metallplatten gerecht.

Erste Hilfe bei Unfällen mit Sekundenklebstoffen

Die wohl bekannteste Art der Anwendung von Klebstoffen in der Medizin ist das Pflaster. Es dient der Wundstillung, dem Schutz vor Infektionen frischer Wunden und es wird ebenfalls als Medikamenten-Depot (z.B. Raucherpflaster) verwendet. Aber auch der menschliche Körper produziert Klebstoff. Ein natürlicher Klebstoff des Blutes ist das Fibrin, dessen Vorstufe, das Fibrogen, mit einem weiteren Blutbestandteil, den Thrombozyten, bei Verletzungen zum Wundverschluss führt, indem es eine Kruste bildet. Bereits seit den 70er Jahren werden diese Bestandteile aus natürlichem Blut isoliert und bei Operationen als Klebstoff verwendet. Ihren Einsatz finden diese Fibrinklebstoffe bei Magen- und Darmoperationen und zur Blutstillung bei Herzoperationen. Da es sich um natürliche Stoffe handelt, die der Körper auch selbst produziert, wird der Klebstoff nach einiger Zeit vom Körper wieder abgebaut.

Gelenkprothesen werden in die Knochen geklebt. Dabei muss der verwendete Klebstoff die Haftung der unterschiedlichen Materialien wie Knochen, Metall und Kunststoff garantieren. Er muss aber gleichzeitig elastisch genug sein, um entstehende Kräfte von der Prothese auf den Knochen übertragen zu können. Beim normalen Laufen drückt das 5fache und bei Springen das 8fache Körpergewicht auf die Hüfte. In der Zahnmedizin werden Brücken, Kronen, Verblendschalen und Inlays dauerhaft geklebt. Für diese Klebstoffe gilt es nahezu Wunder zu vollbringen: Sie müssen dauerhaft verbinden, stark genug sein, die tonnenschweren Kräfte, die beim Kauen entstehen, auszuhalten und schließlich werden sie täglich Temperaturschwankungen von 5 bis 55 °C sowie dem Angriff von Bakterien aus dem Speichel ausgesetzt.

Klebstoffe ermöglichen die Produktion jeder Art von Hygieneartikeln wie Windeln, Einlagen, OP-Tüchern und das für uns selbstverständlich gewordene Papier-Taschentuch. Sie finden ebenfalls Verwendung bei der Konfektionierung von Medikamenten in Blisterverpackungen, um die Tabletten vor Feuchtigkeitseinflüssen, Schmutz und Bakterien zu schützen.

Seit vielen Jahrzehnten hat sich Kleben in der Schuhproduktion als wichtigste Fügetechnik hervorragend bewährt. Für die bei der Schuhfertigung ausgeführten Klebearbeiten werden Spezialklebstoffe aus unterschiedlichen Rohstoffen nach unterschiedlichen Klebverfahren eingesetzt.

Für Klebungen im Schuhinnenbereich dienen Natur- oder Synthese-Kautschukklebstoffe, Dispersionsklebstoffe auf Grundlage von Kunststoffpolymeren sowie Klebstoffe aus wässriger Basis aus Stärke, Dextrin und Cellulosederivaten. Alle diese Klebstoffe werden vornehmlich nach dem Nassklebeverfahren verarbeitet. Schmelzklebstoffe auf Basis von Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren werden zum Kaschieren, Polyamidklebstoffe zum Buggen verwendet. Einige Schuhinnenwerkstoffe, z.B. Futtermaterialien, oder Schuhteile, die im Schuhspitzen- oder Fersenbereich zur Verstärkung dienen, werden bereits mit einem Schmelzklebstoff beschichtet angeliefert und lassen sich nach dem Heißschmelzverfahren in den Schuh einarbeiten.

Die Verbindung zwischen Schuhoberteil und Brandsohle, “Zwicken” genannt, wird in der Regel mit Polyamid- oder Polyesterschmelzklebstoffen ausgeführt. Das Kleben der Laufsohlen auf den Schuhschaft erfolgt in der Regel mit Lösemittel- oder Dispersionsklebstoffen auf Polychloropren- oder Polyurethanbasis. Zwar lassen sich viele Polychloroprenklebstoffe nach dem Kontaktklebverfahren anwenden, Polychloroprenklebstoffe werden jedoch ebenso wie Polyurethanklebstoffe im Allgemeinen nach dem Wärmeaktivierverfahren verarbeitet. Nach diesem Verfahren lassen sich auch Zwei-Komponenten-Polychloropren- oder Polyurethanklebstoffe anwenden, bei denen bewährte Spezialpolyisocyanate die Zweitkomponente bilden und die dann eingesetzt werden, wenn eine besonders hohe Adhäsion am Sohlenwerkstoff erforderlich ist und/oder, wie etwa bei Straßen- oder Arbeitsschuhwerk, eine hohe Beanspruchung der Sohlenklebung, z.B. in der Wärme, zu erwarten ist.

Nahezu alle namhaften Schuhklebstoffhersteller sind Mitglieder des Industrieverband Klebstoffe e.V. Das Prüf- und Forschungsinstitut für die Schuhherstellung in Pirmasens ist als deutsches Institut, das auf den Gebieten Schuhklebstoffforschung, -entwicklung und –prüfung tätig ist, zu nennen.

Obwohl die Aufgabe eines Klebstoffes immer die gleiche ist – das Verbinden von Materialien -, so sind doch die Anforderungen an den Klebstoff recht verschieden. Diese Anforderungen sind es auch gewesen, die zur Entwicklung der großen Palette von Klebstoffarten geführt haben. Da galt es neue Werkstoffe, wie z.B. Kunststoffe, zu kleben, da wurden im Zuge des industriellen Fortschritts die Produktionskapazitäten erhöht, und die Klebstoffe mussten den schneller laufenden Maschinen, z.B. in der Verpackungs-, Schuh- und Textilindustrie und des Buchbindens, gerecht werden, da wurden aufwendige Nietverbindungen und Schweißnähte durch schnelle und sichere Klebverbindungen ersetzt bzw. ergänzt, die sich in Bezug auf die Kraftverteilung in der Verbindungsfläche als günstiger erwiesen und dadurch u.a. im Automobil- und Flugzeugbau zur Anwendung kamen.

Nicht umsonst gibt es weltweit mehr als 250.000 unterschiedliche Klebstoffformulierungen, deren Leistungsprofile vom jeweiligen Anwendungszweck bestimmt werden. Durch Modifikation von Basisstoffen, Zugabe von Additiven, etc. werden Klebstoffe regelrecht “designed”, um damit ein Anwendungsspektrum abzudecken, welches sprichwörtlich von A-Z, nämlich vom Auto bis zur Zahnkrone reicht. Dabei ist es die oft langjährige Erfahrung des Klebstoffherstellers und sein enger, praxisnaher Kontakt zu den Klebstoffanwendern, die das Design des jeweiligen Klebstoffes bestimmen.

Bei der Auswahl eines Klebstoffes sollte der Verbraucher – und das gilt nicht nur für den industriellen Bereich, sondern auch für Handwerk und Haushalt – einige Kriterien in seine Überlegungen einbeziehen, wie z.B. die Frage nach dem zu klebenden Material, der Beschaffenheit der Klebflächen, den Festigkeitsanforderungen, den zu erwartenden äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen, Witterungseinwirkung, Anwesenheit von Chemikalien, der Art und Größe der Klebkonstruktion, also statische und dynamische Belastung, und ob erforderliche Einrichtungen zum Verarbeiten vorhanden sind. In das für den Laien auf den ersten Blick unübersichtliche Angebot an Klebstoffen kann schnell “Ordnung” gebracht werden.

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Klebstoffen auf natürlicher und synthetischer Rohstoffbasis, wobei auch Kombinationen dieser Grundstoffe möglich sind.

Viele Naturprodukte sind im nativen Zustand keine Klebstoffe, können aber durch physikalische oder chemische Einwirkungen entsprechende Eigenschaften erlangen.

Natürliche Rohstoffe können unter anderem sein:

Glutin – ein hochmolekulares Eiweißprodukt, das durch chemische und physikalische Behandlungsverfahren aus tierischen Körpern gewonnen wird. Dementsprechend bezeichnet man die gewonnenen Leime als Haut-, Leder- und Knochenleime und davon abweichende Spezialsorten als Fisch- und Hausenblasenleim.

In Statistiken werden diese Klebstoffe allgemein unter der Position “Tierische Leime” zusammengefasst.

Kasein – eine Eiweiß-Phosphor-Verbindung, die aus der Milch der Säugetiere durch natürliche Milchsäurebildung entsteht und im technischen Maßstab durch Zusatz von Säuren oder Lab, dem Magensekret der Rinder, beschleunigt wird.

Stärke – ein Polyglukosid, das als Energiedepot in Pflanzen angelegt ist.

Cellulose – am Aufbau der pflanzlichen Struktur beteiligt.

Dextrine – stellen Stärke-Abbauprodukte dar. Aufgrund einer Besonderheit im Aufbau dieser Stoffe kann man Klebstoffe mit einem höheren Festkörpergehalt als z.B. bei Stärkekleistern herstellen.

Aufgrund zahlreicher Variationsmöglichkeiten beim Herstellungsprozess erhalten diese “Pflanzlichen Leime” oft noch spezielle Namenszusätze.

Naturkautschuk – z.B. Latex, muss durch eine entsprechende Vorbehandlung löslich gemacht werden. Anwendung finden diese “Gummimilch” – oder Naturkautschuk-Latices vor allem in der Herstellung druckempfindlicher Dispersionsklebstoffe.

Naturharze – z.B. Kolophonium, Schellack, Gummi arabicum. In der Kombination mit hochsynthetischen Hochpolymeren können sie u.a. die Klebrigkeit, die Haftung oder die Fließfähigkeit erhöhen.

Kohlenwasserstoffharze (KW-Harze) – Klebrigmachende Harze; werden überwiegend mit Ethylene-Vinylacetat-Copolymeren (EVA), thermoplastischen Kautschuken und Polyolefinen in sogenannten Schmelzklebstoffen (Hotmelts) bzw. Schmelzhaftklebstoffen (HMPSA = Hotmelt Pressure Sensitives Adhesives) eingesetzt.

Auf Basis von natürlichen Rohstoffen dürfen die mineralischen Klebstoffe wie Wasserglas, Bitumen- und Teerpechklebstoffe nicht unerwähnt bleiben.

Die Anzahl der synthetischen Grundstoffe ist fast unerschöpflich und lässt sich aufgrund der zusätzlichen Kombinationsmöglichkeiten schwer in ein abgegrenztes Schema einordnen. Die Ausgangsstoffe entstehen sozusagen in der Retorte der industriellen Großchemie und sind das, was man als Erdölfolgeprodukte bezeichnet.

Der Name der Klebstoffe basiert meistens auf dem Grundstoff. Die bekanntesten sind z.B. die

Polyurethane – durch Variationen in der Herstellung sind Anwendungen für Reaktions-, aber auch Lösungsmittel- und Kontaktklebstoffe möglich.

Epoxidharze – werden vorwiegend in Kombination mit entsprechenden Härtern als Reaktionsklebstoffe verwendet.

Harnstoffharze – vor allem im industriellen Bereich als Reaktionsklebstoffe.

Polychloroprene – diese Grundstoffe stellen die Basis der hochwertigen Kontaktklebstoffe dar.

Polyvinylacetat – Homopolymere, auch in vernetzender Form, insbesondere für Holzklebstoffe oder äußerlich plastifiziert für Verpackungsklebstoffe, u.a. Anwendungen; als PVAC-Copolymere mit z.B. Ethylen, Maleinaten, Acrylaten, Versaticester für Klebstoffe, wo ein elastischer Film und Haftung auf (nicht starren) “schwierigen” Untergründen ohne Weichmacherzugabe gefordert ist.

Polyacrylate – hochwertige Klebrohstoffe besonders hoher Polarität mit einer über verschiedene Monomerenbestandteile designbaren Filmklebrigkeit.

Polymerdispersionsleime – werden im allgemeinen wässrige Dispersionen der zuletzt definierten zwei Polymergruppen genannt; sie sind in den meisten Fällen praktisch frei von Lösemitteln und anderen flüchtigen organischen Bestandteilen verarbeitbar.

Die Einteilung bzw. Benennung von Klebstoffen kann also nach dem verwendeten Grundstoff oder nach dem Klebverfahren, das bei der Verarbeitung angewendet wird, erfolgen (z.B. Kontakt- oder Schmelzklebstoff). Teilweise sind auch noch Bezeichnungen wie Kaltleim (bezieht sich auf die Verarbeitungstemperatur) oder Weißleim (bezogen auf das Aussehen) in Gebrauch.

Andere Bezeichnungen können zurückgeführt werden auf die Lieferform (z.B. Leimpulver, Perlleim, Klebfolie, Klebstift) oder den Verwendungszweck (z.B. Papierklebstoffe, Holzleim, Fliesenklebstoff).