Die Natur ist immer wieder Quelle der Inspiration für innovative Materialien. Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel: Spinnenseide. Forschenden der Washington University in St. Louis (Missouri, USA) ist es gelungen, künstliche Spinnenseide mithilfe eines klebrigen Muschelfuß-Proteins in größerer Menge zu entwickeln. Diese bahnbrechende Entdeckung könnte in ferner Zukunft für die Textilindustrie und andere Bereiche von großem Interesse sein und eine Alternative zu herkömmlichen Kunstfasern darstellen.

Spinnenseide ist ein bemerkenswertes Material, das sich durch seine außergewöhnliche Festigkeit und Elastizität auszeichnet. Im Verhältnis zum Gewicht ist sie sogar fünfmal belastbarer als Stahl und dabei wesentlich flexibler.1 Diese Eigenschaften machen sie zu einem attraktiven Werkstoff für zahlreiche Anwendungen, wie zum Beispiel in der Medizin für Wundverbände oder Nähte. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die wertvolle Seide in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Doch lassen sich Spinnen im Gegensatz zu Seidenraupen nicht in Massen halten.2

Ein Team von Forschenden der Washington University in St. Louis nahm die Herausforderung an und schaffte es 2018, künstliche Spinnenseide im Labor zu erzeugen. Dazu integrierten die Wissenschaftler*innen den genetischen Bauplan der Seidenproteine in Bakterien, die dann das Grundmaterial für die Fasern produzierten. Ein Problem blieb jedoch bestehen: die geringe Menge des gewonnenen Materials. Dies lag an der begrenzten Fähigkeit der Bakterien, sehr langkettige Proteine herzustellen, auf denen die herausragenden Eigenschaften der natürlichen Spinnenseide basieren.2

Klebriges Muschelprotein verhilft zum Durchbruch
Mittlerweile hat das Team auch diese Herausforderung erfolgreich gemeistert. Ihre Idee war, dass die Bakterien kleinere Seidenprotein-Stücke produzieren, die sich anschließend verketten. Ein klebriges Protein aus Muscheln, bekannt für seine Haftfähigkeit unter Wasser, erwies sich dabei als Game Changer. Dieses Protein konnte das Team bereits zuvor ebenfalls mithilfe genetisch modifizierter Bakterien im Labor herstellen. Dabei hatten sie festgestellt, dass die Muschelfuß-Proteine untereinander eine starke Bindungskraft aufweisen – eine Eigenschaft, die sie für das Spinnenseidenprojekt nutzten. Indem sie jeweils ein Muschelfuß-Protein-Stück an die Enden einer verkürzten Spinnenseidenprotein-Sequenz setzten, verketteten sich die kürzeren Fusionsproteine miteinander. So entstand der Grundstoff zur Herstellung der neuartigen Spinnenseiden-Fasern. Beeindruckend: Aus einem Liter Bakterienkultur konnten acht Gramm Fasermaterial gewonnen werden – eine weitaus größere Ausbeute als zuvor. Zudem konnten die Forschenden in Tests eine verbesserte Leistungsfähigkeit der sogenannten btMSilk-Fasern nachweisen.2

Die Super-Faser zeigt eindrucksvoll, wie die Natur als Inspirationsquelle für innovative Materialien dienen kann. Sollte es zukünftig gelingen, die synthetische Spinnenseide in industriell nutzbaren Mengen zu produzieren, könnte sie einen wichtigen Beitrag zur Herstellung leistungsstarker biobasierter Materialien – beispielsweise für die Textilindustrie – leisten und Fasermaterialien wie Nylon oder Polyester ersetzen. Obwohl die Forschung in diesem Bereich noch in den Kinderschuhen steckt, sind die bisherigen Ergebnisse vielversprechend und lassen auf eine spannende Zukunft hoffen.

Quellen:
1 https://www.wissenschaft.de/technik-digitales/kuenstliche-spinnenseide-hergestellt/
2 https://www.wissenschaft.de/technik-digitales/kuenstliche-spinnenseide-dank-muschel-kleber/.

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