Es bröckelt gewaltig: Mehr als ein Drittel aller deutschen Landstraßen befindet sich in schlechtem Zustand. Mit innovativer Klebtechnik lässt sich dieser Verfall aufhalten – zumindest in naher Zukunft.

In Deutschland wimmelt es nur so von Buckelpisten voller Schlaglöcher. 15 Prozent der Landstraßen sind in einem schlechten, 19 Prozent sogar in einem sehr schlechten Zustand. Auf den Autobahnen sieht das Bild ähnlich aus. Mehr als tausend Kilometer sind baufällig.
Um die angeschlagene Infrastruktur zu retten – da sind sich Verkehrsexperten einig – hilft nur Geld. Doch angesichts leerer Staatskassen und klammer Kommunen ist dies leichter gesagt als getan. Das deutsche Straßennetz auf konventionelle Weise zu reparieren, würde jährlich rund 4,7 Milliarden Euro kosten. Forscher arbeiten deshalb an unkonventionellen Methoden, den Verfall langfristig aufzuhalten.

Vom Flüsterasphalt zum „Wunderasphalt“

Die Euphorie war groß, als vor rund einem Jahrzehnt der Siegeszug des sogenannten Flüsterasphalts begann. Bei diesen Belägen handelt es sich um offenporige Asphalte, die zu einem Viertel aus Hohlräumen bestehen. Wasser und Schall werden gleichermaßen geschluckt, Aquaplaning verhindert. Doch mittlerweile ist die anfängliche Euphorie vielerorts Ernüchterung gewichen: Flüsterasphalt ist sehr empfindlich. Zum einen muss er alle 10 Jahre erneuert werden – normaler Asphalt kommt hingegen auf eine durchschnittliche Haltbarkeit von 15 bis 20 Jahren. Zum anderen muss Flüsterasphalt regelmäßig gereinigt werden, damit er seinen lärmreduzierenden Effekt behält. Das führt zu mehr Tagesbaustellen und langen Staus.
Der niederländische Materialforscher Eric Schlangen ist da schon einen Schritt weiter. Er arbeitet seit Jahren an einer neuen Art von Asphalt, der doppelt so lange hält wie normaler Flüsterasphalt und sich selbst heilen kann. „Wunder-Asphalt“ nennt eine niederländische Zeitung die Erfindung. Das Erfolgsrezept von Schlangen: Er füllt einen Klebstoff auf Bitumenbasis zwischen die Asphaltsteinchen, dem er feine Stahlfasern beimischt. Wird der Stahl stark erhitzt, schmilzt er den Asphalt und Risse schließen sich. Dafür benötigt er allerdings kein Feuer. Der Prozess funktioniert per Induktionshitze – wie in einer Mikrowelle. In der Praxis erfolgt dies durch das Magnetfeld einer speziellen Induktionsmaschine. Mit der klebrigen Erfindung heißt es: Schlaglöcher ade.

Klebstoff aus wässrigem Hydrogel

Nicht nur in den Niederlanden, sondern auch hierzulande – wo rund ein Viertel der Autobahnen aus Beton besteht – wird an Verfahren geforscht, mit denen sich der Straßenverfall eindämmen lässt. Wissenschaftler der TU München experimentieren mit sogenannten Hydrogelen, die Wasser im Beton aufnehmen, sich dabei ausdehnen und so Risse stopfen. Das Prinzip ist das gleiche wie bei Windeln, die Flüssigkeit aufsaugen. Ein Unterschied: Der Hydrogel-Klebstoff erhöht zusätzlich die Festigkeit des Werkstoffs. Auf diese Weise kann Beton fast komplett geheilt werden. Ganz ausgereift ist das Verfahren allerdings noch nicht. Die Wissenschaftler suchen derzeit nach einem Weg, zu verhindern, dass der Beton schon beim Zusammenmischen klebt. Bis die Innovation auf die Straße kommt, können also noch einige Jahre ins Land gehen.

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