Die Natur dient Forschern immer wieder als Vorbild zur Entwicklung neuer, sogenannter biomimetischer Klebstoffe. Bestes Beispiel: die legendäre Adhäsionstechnik von Geckos. Jetzt haben sich auch Ingenieure von dem tierischen Klebeprofi inspirieren lassen. Sie entwickelten einen Roboter, der glatte Wände hochklettern und scheinbar mühelos der Schwerkraft trotzen kann.

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Foto: © BjØrn Christian TØrissen

Sie flitzen steile Wände hinauf und gehen kopfüber die Decke entlang – Geckos gelten als wahre Kletter-Koryphäen. Die kleinen Echsen haben Ingenieure der kanadischen Simon-Fraser-University in Burnaby inspiriert, einen Roboter zu entwickeln, der nach demselben Prinzip funktioniert wie die Klebefüße der Geckos. Das rund 240 Gramm schwere Gerät hält sich an glatten Oberflächen, wie zum Beispiel senkrechten Glasscheiben, fest – und das ohne Saugnäpfe oder Magneten.

Das Geheimnis der Gecko-Füße

Schon der griechische Forscher und Philosoph Aristoteles hat sich vor mehr als zweitausend Jahren gefragt, wie Geckos es schaffen, selbst steilste Wände zu erklimmen ohne den nötigen Halt zu verlieren. Die Antwort darauf blieb lange aus. Doch vor einigen Jahren wurde das Kleb-Geheimnis der Echsen endlich gelüftet: Geckos verdanken ihre einzigartige Haftfähigkeit Millionen von ultrafeinen Härchen, die an den Unterseiten ihrer Füße sitzen. Jedes davon ist etwa ein Zehntel so dick wie menschliches Haar. Dank elektrostatischer Kräfte, die zwischen der Oberfläche und jenen Härchen wirken, können die Schuppenkriechtiere überall haften, selbst an sehr rauen und glitschigen Materialien. Die dafür verantwortlichen, sogenannten Van-der-Waals-Kräfte sind normalerweise äußerst gering. Berühren sich jedoch zwei größere Flächen, erhöht sich der daraus resultierende Klebeffekt um ein Vielfaches. Die Feinstruktur der Härchen sorgt für einen besonderen festen Halt. Ein Gecko, dessen Haare alle gleichzeitig mit einer Oberfläche in Kontakt stehen, könnte theoretisch ein Gewicht von mehreren Kilogramm heben – weit mehr, als das Tier selbst auf die Waage bringt.

Das hat der Geckofuß mit Haftnotizen gemeinsam

Trotz der legendären Haftkraft können Geckos ihre Füße bei jedem Schritt mühelos vom Untergrund lösen. Wie ist das möglich? Geckos drücken ihre Zehen zunächst flach auf den Boden, rollen sie dann Stück für Stück nach oben ab, sodass der Winkel der Härchen verändert wird und die Van-der-Waals-Bindung nachlässt. Nach derselben Methode funktionieren prinzipiell auch Haftnotizen. Sie lassen sich mehrfach festkleben und wieder ablösen. Dieses Fortbewegungsprinzip haben sich die Ingenieure zunutze gemacht und einen Roboter entwickelt, der in Gecko-Manier senkrechte Wände hoch und runter klettern kann. Spezielle Fortbewegungsschienen, die, wie die Füße von Geckos, mit feinen Hafthärchen versehen sind, machen es möglich. Der erste funktionstüchtige Prototyp, Stickybot III., läuft zwar noch nicht so schnell wie sein tierisches Pendant – gegenwärtig erreicht er eine Höchstgeschwindigkeit von 24 Millimetern pro Sekunde – doch nach Ansicht der Wissenschaftler ist er eine sehr vielversprechende Innovation.

Gecko-Roboter erleichtern die Arbeit im Weltall

Schon in naher Zukunft könnte der Roboter mit Gecko-Füßen im Weltraum eingesetzt werden, um die Außenseite von Raumschiffen, Stationen und Satelliten zu warten. Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat ihn in einem Materialtestlabor bereits verschiedenen Tests unterzogen, um zu überprüfen, ob er auch unter erschwerten Bedingungen seine guten Kletterfähigkeiten bewahrt. Der Erfolg des Experiments beweist: Ein Einsatz im All könnte schon bald möglich sein.
Aber auch weitere Verwendungsmöglichkeiten sind den Wissenschaftlern zufolge vorstellbar. Gecko-Roboter könnten zum Beispiel Glasfassaden reinigen, unwegsames Gelände inspizieren und verschüttete Personen nach einem Erdbeben oder dem Einsturz eines Gebäudes aufspüren. Das dürfte alles nur noch eine Frage der Zeit sein.

Titelbild: © Courtesy: National Science Foundation