Japan, Haiti, Chile und Indonesien sind Länderbeispiele, in denen zuletzt die Erde gebebt hat. Mit verheerenden Folgen. Bilder von eingestürzten Wohnhäusern und der Suche nach Überlebenden in den Schuttbergen gingen um die Welt. Forscher haben einen Erdbebenschutz entwickelt, der die Sicherheit der Bewohner erhöhen soll: die „Erdbebentapete“. Schlüsselkomponente ist ein Klebstoff.

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Bindeglied zwischen Glasfasergewebe und Putzoberfläche: Klebstoff auf Basis einer Polyurethandispersion.
Foto: © Bayer MaterialScience AG

Weltweit leben circa 1,3 Milliarden Menschen in erdbebengefährdeten Gebieten. Der Pazifische Feuerring, ein Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean umringt, weist die stärksten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte auf. Aber auch in vielen Teilen Europas und im Nahen und Mittleren Osten kann immer wieder mal die Erde beben. Das sonst so sicher geglaubte Zuhause wird schnell zu einer gefährlichen Falle. Einstürzende Decken und Wände, in Sekundenschnelle können Gebäude ineinander fallen wie Kartenhäuser. Höchste Priorität: Der Weg ins Freie. Die von Experten entwickelte „Erdbebentapete“ soll die Sicherheit der Bewohner erhöhen und wertvolle Sekunden für die Flucht verschaffen oder gar ein Einstürzen verhindern.

Das Erdbeben-System

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Das spezielle Glasfasergewebe wird mit einem flexiblen Klebstoff ähnlich einfach an die Wand angebracht wie eine Tapete.
Foto: © Bayer MaterialScience AG

Bereits seit Jahren wurde an der Entwicklung einer „Erdbebentapete“ gearbeitet. Jetzt gelang der Durchbruch. Der Leiter des Instituts für Massivbau und Baustofftechnologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Prof. Lothar Stempniewski, Experten aus der Klebstoffindustrie und der Firma KAST haben einen effektiven und kostengünstigen Erdbebenschutz entwickelt. Das spezielle Glasfasergewebe lässt sich so einfach anbringen wie eine Tapete und verstärkt gezielt das Mauerwerk von nichttragenden Wänden, insbesondere an Schwachstellen wie Türstöcken und Fenstern. Dadurch soll das Herausbrechen von Mauerwerksteilen verzögert oder im günstigsten Fall verhindert werden, sodass die Bewohner das Gebäude verlassen können. Der Schutz wirkt wie die Verstrebung eines Fachwerkhauses, die Stoßenergie des Erdbebens wird auf die ganze Mauer verteilt. Die Schlüsselkomponente des Systems ist ein Spezialklebstoff. Der auf einer Polyurethandispersion basierende Klebstoff ist das entscheidende Bindeglied zwischen Glasfasergewebe und Wandputz, wobei der wässrige Klebstoff sowohl gut auf dem Gewebe haftet als auch in den Putz eindringt. Im Unterschied zu üblichen Klebstoffen erfüllt der flexible Spezialklebstoff die hohen Anforderungen, Flexibilität und gute Haftwirkung zu vereinen. Der Spezialklebstoff kombiniert mit dem Glasfasergewebe hält die Mauer selbst dann zusammen, wenn Fugen über die ganze Länge aufbrechen. Wände erhalten eine höhere Stabilität. Ziel: Langlebiger Schutz, der verhindert, dass Gebäude und Wohnhäuser zu gefährlichen Fallen werden

Einfache Anbringung

Neben der erhöhten Sicherheit für Bewohner, die die „Erdbebentapete“ mit sich bringen soll, haben die Forscher darauf geachtet, dass die Anbringung einfach und kostengünstig möglich ist. Die „Erdbebentapete“ wird mithilfe des wasserbasierten, lösemittelfreien Klebstoffs auf den Innenputz der Wand aufgebracht. Anschließend kann der Schutz mit einer „richtigen“ Tapete übertapeziert und einfach überstrichen werden. Vorausgesetzt das Haus besteht aus Mauerwerk und der Innenputz ist ausreichend tragfähig. Notabene: An Lösungen für andere Wandkonstruktionen wird bereits gearbeitet.

Titelbild: © Bayer MaterialScience AG