Bärtige Hipster mit Wollmützen, sweete Mädels im Surferlook und Väter, die ihren Nachwuchs auf dem Longboard zum Kindergarten chauffieren: Noch nie war das Rollbrett so präsent auf den Straßen wie heute. Eine echte Wellenbewegung eben. Doch wie gelangte das Longboard überhaupt vom Wasser auf den Asphalt und was haben Klebstoffe damit zu tun?

Das Rollbrettfahren wurde in einem weichen Element geboren: dem Wasser. Das Surfen ist die Urform dieses Freizeitsportes. In den 1960er Jahren haben die Wellenreiter begonnen, auch das Land zu erobern. Und das aus einem einfachen Grund: Bei schlechtem Wellengang war ihnen schlichtweg langweilig. Also begannen sie, Rollen unter ihre Surfbretter zu schrauben – das Surfboard wurde trockengelegt und somit zum Longboard. Richtig populär ist das Longboarden wieder Ende der 1990er Jahre in den USA geworden. Im Gegensatz zu früher experimentieren die Hersteller heute ausgiebig mit neuartigen Materialien.
Durch die Verwendung von Glasfaser, Carbon und Co. konnte das Fahrverhalten stark verbessert werden. Das Ziel: ein echtes „Street-Surf-Feeling“. In der Konstruktion, bei der mehrere Furniere aufeinander gefügt werden, spielt Klebstoff eine im wahrsten Sinne des Wortes tragende Rolle.

Das Deck ist frisch gepresst

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Foto: © Christopher Earl

Das Deck ist das „Brett“, auf dem der Fahrer steht. Ein Longboard Deck besteht in der Regel aus sieben Schichten hauchdünnem Ahornholz. Ahorn ist aufgrund seines langsamen Wachstums äußerst stabil und gleichzeitig ausreichend flexibel. Zur Produktion eines Decks müssen diese Furnierschichten gut durchgetrocknet sein. Dann erhält jede einzelne Schicht einen Anstrich mit einem extrem starken, wasserbasierten Holzleim. Besonders wichtig ist es, die einzelnen Holzschichten abwechselnd quer und längs zueinander zu kleben. Diese Konstruktionsart gibt dem Brett die nötige Härte bei bestehender Flexibilität. Damit einerseits die Klebverbindung gut hält und das Deck andererseits seine besondere Wellenform erhält, wird es mehrere Stunden in einer Presse geformt. Im Anschluss erfolgen noch Zuschnitt von „Nose“ und „Tail“, also Vorder- und Hinterteil des Decks. Die Schnittstellen werden natürlich geschmeidig geschliffen. Geschmeidigkeit ist auf der Oberseite des Decks allerdings wenig hilfreich. Der Fuß soll ja guten „Grip“ haben. Für festen Halt sorgt eine letzte Schicht aus einer Art rauem Schmirgelpapier, das Griptape. Für jeden Einsatzzweck, wie Downhill, Slalom oder Cruisen, gibt es Griptapes mit der passenden Körnung. Je gröber die Körnung, desto besser der Halt.

Klebstoff liefert beste Performance

Die Konstruktion ist deutlich nicht bloß auf Optik, sondern vor allem auf Performance ausgelegt. Von weichen Dancern bis zu harten Downhillbrettern – im Longboard Design sind die Eigenschaften des Bretts bestimmend. Was zählt ist der passende „Flex“, also die Flexibilität des Decks. Um bessere Eigenschaften zu erreichen, können neben dem traditionellen Ahornaufbau diverse technische Konstruktionen die Performance und Haltbarkeit des Decks erhöhen. In diesem Fall werden beispielsweise Glas- oder Kohlefasermatten zwischen die einzelnen Holzfurniere geklebt. Diese eingearbeiteten Schichten sind robust und gleichzeitig elastisch – das macht sie langlebiger als Holz. Zudem sorgen sie für höhere Stabilität und Festigkeit.
Damit diese Spezialverbindungen auch halten, kommen Epoxidharze zum Einsatz. Epoxidharz-Klebstoffe gehören zur Gruppe der Reaktionsklebstoffe. Sie bestehen aus einem Harz- und einem Härtersystem. Sind wie bei der Longboardherstellung kraftschlüssige Verbindungen unterschiedlicher Materialien gefragt, die auch noch lange halten sollen, muss ein Klebstoff natürlich einiges aushalten. Epoxidharz-Klebstoffe weisen sehr hohe Festigkeiten und chemische Beständigkeit auf. „Hart“ eingestellte Klebstoffe erzielen hohe Scherfestigkeiten und sind für statische Belastungen ausgelegt. Ist die Klebverbindung dynamischen oder Schockbelastungen ausgesetzt, werden „flexibel“ eingestellte Klebstoffe eingesetzt. Das heißt beim Longboard Deck: Downhillbretter sind die Steifen, Dancer die Weichen.
Ein weiterer Vorteil des Epoxidharzes ist, dass es die Charakteristik der Mulde, in der das Brett gepresst wurde, erhält. Die natürliche Tendenz von Holz, sich in die Ausgangsform, also ein flaches Stück Furnier, zurückzuformen, wird durch den Klebstoff verhindert. So ist das Deck auch lange Zeit nach der Fertigung noch immer wie frisch gepresst.

Titelbild: © Christopher Earl