Markus Reugels macht Kunst der besonderen Art: Er fotografiert Tropfen. Und zwar so einzigartig, dass seine Bilder in Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen weltweit abgedruckt werden. Wie seine Tropfenfotografien entstehen, was diese so außergewöhnlich macht und welche tragende Rolle Klebstoffe dabei spielen, verrät er im Interview.

Hauptberuflich sind Sie Parkettleger. Was hat Sie zur Tropfenfotografie gebracht?

In einem Internet-Forum bin ich zufällig auf Tropfenfotos gestoßen. Diese haben mich mit ihrer simplen Schönheit sofort in ihren Bann gezogen und meine technische Experimentierlust geweckt.

Wie sahen die ersten Versuche aus?

Zuerst habe ich Wasser in einen Plastikbecher gegeben, mit einem Zahnstocher ein Loch reingestochen und das Wasser in eine Salatschüssel tropfen lassen. Heute setze ich auf moderne, hochtechnische Hilfsmittel, wie zum Beispiel spezielle Steuergeräte mit Mikroprozessor und Magnetventil. Damit lässt sich die Tropfengeschwindigkeit perfekt regulieren. Selbst kompliziertere Motive sind so umzusetzen.

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Bei einer Refraktion wird ein Gegenstand, der im Hintergrund platziert wird, im Tropfen abgebildet.
Foto: © Markus Reugels

Wie funktioniert das?

Als eine der Königsdisziplinen gelten beispielsweise XXL TaTs. Das steht für Tropfen auf Tropfen. Hierfür werden zwei Tropfen in einem sehr engen Zeitfenster fallen gelassen. Der erste erzeugt eine aufsteigende Wassersäule – bis zu 20 Zentimeter hoch – auf welcher der zweite landen muss, um die Form hervorzurufen. Es entsteht ein zauberhaftes Gebilde, das wie eine Skulptur wirkt.

Mit welchen „Hilfsmitteln“ arbeiten Sie?

Für meine Aufnahmen lasse ich nicht nur Tropfen von oben nach unten fallen. Ich arbeite auch mit Düsen, Ventilen, Rauch und Farben.

Wie schaffen Sie es, derartig komplexe Tropfenkompositionen im Flug einzufrieren?

Das Wichtigste ist das Licht. Die Bilder – oder genauer gesagt die Bewegungen im Bild – werden über die Abbrennzeit des Blitzes eingefroren. Das ist die Leuchtdauer von Blitzlichten, die aussagt, wie lange der Blitz Licht abgibt. Sie liegt bei 1/25.000 Sekunden. Diesen Zeitraum sieht man letztlich im Bild. Andere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle, vor allem die Parameter des Wassers. Ich passe die Temperatur, Fallhöhe und Viskosität dauernd an. Indem ich das Wasser beispielsweise verdicke, wird es dehnbarer, die Form hält länger und der Tropfen reißt nicht ab.

Und womit erzielen Sie die gewünschte Viskosität?

Ziel ist, die Dicke von Milch oder Sahne zu erreichen. Dafür benutze ich verschiedene Stoffe, die auch in der Kosmetik und Molekularküche zum Verdicken eingesetzt werden. Das sind unter anderem Guakernmehl, Natriumginat oder Kartoffelstärke. Aber auch handelsüblicher Tapetenkleister hat sich bestens bewährt.

Für welche Tropfenformen eignet sich Tapetenkleister optimal?

Grundsätzlich eignet sich Tapetenkleister für alle Anwendungen, die eine sehr zähflüssige Tropfenkonsistenz voraussetzen. Um diese zu erzielen, mische ich 1 Esslöffel Kleister mit 1 Liter Wasser. Mit Tapetenkleister lässt sich einer der anspruchsvollsten und schwierigsten Motive, die „Vase“, umsetzen. Hierfür lasse ich zwei Tropfen miteinander kollidieren, so dass ein vasenähnliches Gebilde entsteht, in der sich ein dritter Tropfen in der Mitte als Blume einreiht.

Foto: © Markus Reugels

Kann jeder lernen, eigene Tropfenfotografien zu machen?

Ja, jeder der sich für die Fotografie begeistert und über gewisse technische Fähigkeiten verfügt, kann faszinierende Tropfenbilder inszenieren. Die Kunst dabei ist, es zur Kunst zu machen. Aber auch das kann man lernen. Für alle Interessierten biete ich eintägige Workshops an. Einzige Voraussetzung: Grundkenntnisse in der Highspeed-Fotografie.

Weitere Informationen: www.markusreugels.de

Titelbild: © Markus Reugels

Zur Person:
Markus Reugels wohnt in der Nähe von Schweinfurt und arbeitet hauptberuflich als Parkettleger. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Neben seinem Steckenpferd, der Tropfenfotografie, hat er sich auch durch Makroaufnahmen von Blumen und Insekten über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht.